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Alle meine Anteile: der Gefühlsunterdrücker

 

Inhaltsverzeichnis

 

Der Gefühlsunterdrücker unterdrückt Gefühle. Zu unserer eigenen Sicherheit. Er hat gelernt, dass Gefühle gefährlich sind. Aber, halt! Das ist zu schnell. Betrachten wir eins nach dem anderen.

Gefühle wollen fließen

Das ist ein natürlicher Zustand, dass Gefühle fließen wollen. Denken Sie z. B. an etwas, weswegen Sie sich neulich geschämt haben. Die Gefühlswelle kam, besetzte vielleicht Ihre Wangen mit Energie, wodurch sie rot wurden, und dann flachte sie auch wieder ab. Auch in Träumen zeigen sich Gefühle. gerne auch symbolisch in Gestalt von Wasser. Es kann klar und angenehm, oder aber auch trüb und kalt sein. Oder es geht um gefrorene Gefühle, also solche, die unterdrückt werden. Sie erscheinen in Form von Eis oder Schnee oder gar Hagel.

Jede Sekunde bekommen wir tausende von Wahrnehmungsinformationen, auf die wir reagieren. Unser Körper ist das Gefühlswerkzeug schlechthin. Manche Informationen, also meist solche, die besonders wichtig sind, schaffen es ins Bewusstsein. Manche davon übersetzen wir sogar in Emotionen, die uns dann zum Handeln bewegen. An manchen Stellen im Körper gibt es Blockaden oder andere Symptome, die den Gefühlfluss beeinträchtigen. Häufig sind es Verspannungen, aber es können auch schon manifestere Symptome und Krankheitsbilder sein. Manchmal können sich Gefühle doch einen Weg durch eine Blockade bahnen und dann haben wir es mit einer Hitzewallung oder einer Zitterattacke zu tun. Oder der Stau ist so heftig, dass es zu einem Kollabieren kommt, wenn die Gefühle doch durchbrechen: ein Nervenzusammenbruch, ein tiefes Loch, ein Strudel, der einen verschlingt. Von einem stolzen Menschen bleibt nur noch ein Häufchen elend. Davor haben viele Menschen Angst: "Wenn ich meine Gefühle zulasse, werde ich zusammenbrechen und mich nie wieder aufrichten können." Dieser Glaubenssatz ist falsch: Wenn man sich danach nicht aufrichten kann, war man noch nicht ganz unten. Das heißt, man verweilt im Zweikampf: Der eine Teil will direkt nach oben, will weiter die Gefühle unterdrücken. Der andere will zum Urgrund vordringen und wieder ins Fließen kommen.

Der Zweikampf ist typisch menschlich

Zwei Seelen wohnen in meiner Brust... Der Zweikampf, diese Zwiegespaltenheit ist typisch für uns Menschen. Ein Teil von uns will dies, ein anderer jenes. Der eine will Nein sagen, der andere lieber Ja. Der eine Teil will den Job wechseln, der andere will lieber in der alten Sicherheit bleiben. Der eine will Sport treiben und abnehmen, der andere lieber an den Schutzpfunden festhalten und in der Komfortzone des heimischen Sofas bleiben. So auch beim Thema Gefühle. Ein Teil will sie fließen lassen. Ein anderer, der Gefühlsunterdrücker eben, will sie unterdrücken.

Befragen wir den Gefühlsunterdrücker!

Wenn wir den Gefühlsunterdrücker genauer befragen, weiß er eine klare Antwort darauf, warum er das tut, was er tut. Er glaubt nämlich Folgendes: "Wenn man seine Gefühle nicht unterdrückt, wird man nicht geliebt." Autsch, ein heftiger Glaubenssatz, der mit dem, wie man Beziehungen erlebt hat, verbunden ist. Hat man seine Gefühle gezeigt (oder einige davon, oder es war situationsabhängig), wurde man mit Liebesentzug und Ablehnung bestraft. Wie schmerzhaft! Da ist der Schluss naheliegend, seine Gefühle zu unterdrücken, um zumindest ein paar Liebeskrümel zu bekommen. Der Gegenpart des Gefühlsunterdrückers hat hier zwar schlechte Karten, setzt sich dann aber zumindest als körperliches Symptom durch, z. B. als eine Verspannung im Nacken oder als Pickel im Gesicht. Das Gefühl wird also indirekt ausgedrückt. Gleichzeitig ist im Körper ggf. eine Blockade, die das Fließen unterbindet. Auch wenn die beiden Gegenspieler sind, arbeiten sie trotzdem Hand in Hand. Es gilt der systemische Grundsatz: Jedes System hält sich im Gleichgewicht. Übrigens ist es nicht verwunderlich, dass Produkte, die darauf gerichtet sind, den Schein zu wahren, so populär sind und die dazugehörige Werbung omnipräsent. Wer will schon mit einem Pickel im Gesicht herumlaufen? Auf der Arena des Gefühlunterdrückungskampfes wird viel Geld verdient, pro Gefühlsunterdrückung natürlich.

Der Sachverhalt hier liegt erst einmal auf der Beziehungsebene. Beziehungen sind zwar essentiell für uns Menschen, verweisen aber gleichzeitig auf eine tiefere Ursache. Und sie liegt in der erlebten Unsicherheit.

Vermeintliche Sicherheit durch Gefühlsunterdrückung

Das wichtigste Bedürfnis eines Menschen ist das nach Sicherheit. Erst die Sicherheit macht eine Entfaltung , also ein Sich-Bewegen in der Welt und ein Sich-Zubewegen auf die Umwelt möglich. Wurde dieses Bedürfnis erschüttert, entsteht ein Glaube, dass es unsicher ist. Damit kann kein Mensch vernünftig leben. Also muss Ersatz her, eine Art Stabilitätsgerüst. Wurde das Urvertrauen also stark erschüttert, entsteht der ursächliche Gefühlsunterdrücker. Er glaubt: "Es ist sicherer, die Gefühle zu unterdrücken." Wird dieser Anteil aufgedeckt, kann man (z. B. als Klient in einer Sitzung oder in einer Selbst-Therapie) die Entscheidung treffen, dass man die Unterdrückung nicht mehr braucht.

Erlaubnis, zu fließen

Man gibt also seinen inneren Anteilen die Erlaubnis zu fließen, und zwar allen (Davor ggf. noch die Erlaubnis sich so zu zeigen, wie sie sind, und zwar voll und ganz). Das beeinflusst sowohl das unterdrückte Gefühl, das nun auftauen und sein wahres Gesicht zeigen kann. Vielleicht ist es etwas Schmerzvolles. Es kann aber auch eine freudige und lebensfrohe Energie sein. Hier sind so einige Überraschungen zu erwarten und die Angst vor etwas, womit man nicht zurechtkommt, erweist sich meist als unbegründet und entpuppt sich als Teil des eigenen Schutzsystems. Aber auch der Gefühlsunterdrücker taucht auf. Es bricht aus ihm aus: "Ich habe mich so sehr zusammenreißen müssen!" Eine Last fällt von ihm ab und auch er kommt ins Fließen.

Ein Gefühlsunterdrücker. Viele Gefühlsunterdrücker

Auch wenn es eine gemeinsame Wurzel gibt, gibt es den Gefühlsunterdrücker in unzähligen Formen und Arten. Der jeweilige Gefühlsunterdrücker ist an eine bestimmte Stelle gebunden, an dem das unterdrückte Gefühl sich festgesetzt hat. Die typischste Stelle schlechthin für z. B. unterdrückte Wut ist der Kiefer. Überhaupt setzen sich viele nicht ins Fließen gekommene Gefühle im Gesicht fest. Das geht aber auch an jeder anderen Stelle im Körper, je nach der Ursprungssituation und ihrer symbolischen Bedeutung. Kommt der ursächliche Gefühlsunterdrücker ins Fließen, hat es natürlich eine Auswirkung auf das Gesamtsystem, das sich entspannt und ebenfalls mehr ins Fließen kommt. Es gibt aber auch hartnäckige (Manchmal sind es buchstäblich hart-näckige Gefühlsunterdrücker) Gefühlsunterdrücker, die Einzelaufmerksamkeit erfordern. Eine umgekehrte Vorgehensweise ist manchmal auch möglich: Man dringt direkt zum unterdrückten Gefühl vor, weil man es in einer Situation oder in einem Traum kurz erwischt hat. Man bereinigt es und bringt so den Gefühlsunterdrücker um seine Arbeit. Sie sehen: Viele Wege führen nach Rom! So oder so wird man sich im Rahmen der inneren Arbeit diesem Anteil immer wieder stellen müssen. Sind Sie bereit loszulegen? Wie wäre es z. B. mit einer geführten Meditation?

 

Fragen zum Nachforschen und Ergründen

  • Wie gut bin ich mit meinem Körper verbunden? Lasse ich auch die subtilen Signale und Gefühle durchkommen oder muss mein Körper mir schon deutlichere Signale senden, damit sie mich erreichen?
  • Welche Möglichkeiten der Gefühlsunterdrückung nutze ich? Bin ich mehr im "Kopf", also sehr rational? Oder bin ich eher der emotionale Typ und halte all meine Emotionen für bare Münze? Oder bin ich komplett dissoziiert, existiere also nur im Geiste und Null im Körper? Oder lenke ich mich mit etwas ab? Z. B. mit Süchten und anderen Ablenkungen, ob Shoppen, Essen oder Fernsehen?
  • Wenn ich tief in mich hineinspüre: Wo sitzen die unterdrückten Anteile? Ich könnte ja eine Art Körper-Landkarte erstellen und dort die unterdrückten Anteile markieren. Schritt für Schritt könnte ich mich ihnen nähern.

 

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