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Anteile, die wir vor Transformation schonen

 

Inhaltsverzeichnis

 

Nicht alle unsere Anteile machen eine Transformation mit

Wenn Sie als Leser Erfahrung mit innerer Arbeit haben, haben Sie bereits mehrmals oder häufig einen kleineren oder größeren Transformationsprozess erlebt. Sie haben sich gehäutet, so fühlt es sich jedenfalls an, und haben ein neues Ich. Es ist natürlich nicht komplett neu, sondern es enthält auch viele alte Anteile, die sich allerdings mehr oder weniger durch den Transformationsprozess verwandelt oder verändert haben. Sie haben zu einer besseren inneren Balance gefunden. Ihre Anteile sind friedlicher miteinander geworden. Innerer Frieden ist ein selbstverständliches Ziel von solchen Prozessen, nur manchmal werden durch solche Prozesse die Spannungen vergrößert. Das geschieht, wenn wir Anteile haben, die wir vor einer Transformation schonen oder ausklammern. Zum Einen sind es alle Anteile, die noch abgespalten sind. Das sind Trauma-Anteile, Talent- und Kraftanteile. Sie sind einfach später dran. An dieser Stelle ist die Rede von Anteilen, die schon längst überfällig sind, die wir aber trotzdem durchschleppen. Durch innere Arbeit gewinnt man Energie zurück. Das heißt, dass man theoretisch auch mehr Kraft hat, solche Anteile durchzuschleppen und zu verstecken. Andererseits verstärkt es die Spannung innerhalb der Psyche, denn der geschonte Anteil fällt immer mehr zurück. Das ist so, als würde man einen ewigen Erstklässler, der immer noch nicht Lesen und Schreiben gelernt hat, bis in die 10. Klasse durchschleppen, statt ihm entweder Lesen und Schreiben beizubringen oder ihn zu entlassen.

Vor dem nächsten Schritt gibt es manchmal eine Ehrenrunde

Dass ich so einige Anteile durchgeschleppt habe, die meiner aktuellen Resonanz nicht mehr entsprechen, war mir bewusst. Und so bin ich Schritt für Schritt dem nachgegangen. Das ist an sich eine gute Idee, dies immer wieder zu überprüfen. Ansonsten drohen beim nächsten Transformationsprozess mehr oder weniger starke Nebenwirkungen, die durch Anteile erzeugt werden, die gar nicht auf dem nötigen Stand für den nächsten Schritt sind. Dann landet man im Schleudergang, also in einer Zwischenstufe, die echt rüttelig werden kann und ebenfalls eine wertvolle Erfahrung darstellt. Bevor man also weitergeht, sollte man idealerweise sichergehen, dass man, sagen wir mal, zu 80% für die nächste Stufe bereit ist und das innere Team da mitzieht. 100% gibt es nie. Weniger als 80% sind auch möglich, allerdings sollten es nie unter 55-60% sein. Die Zahl lässt man sich einfach innerlich anzeigen. Anschließend gibt es verschiedene Optionen, z. B. eine Ehrenrunde im Alten zu drehen, um auf die nötige Prozentzahl zu kommen. Dies ist definitiv keine Schande! Auch wenn es sich für die Ehrenrundler so anfühlt. Die Nebenwirkungen, eigentlich Heilwirkungen, sind mies: Enttäuschung, das Gefühl, nicht gut genug zu sein, "Sitzenbleiben", "Abgehängt-Werden" – alles willkommene Einladungen, über die Ehrenrunde die Bereitschaftszahl zu erhöhen. Ist man damit durch, ist man bereit. Daher sollte man natürlich die Ehrenrunde wörtlich nehmen: Es ist eine Ehre!

Ein Beispiel aus meinem Leben

Ein Anteil, den ich am längsten durchgeschleppt habe, war der Barbar. So hat ihn jedenfalls mein Mann getauft. Ich habe ihn "Wüterich" genannt, denn mir war klar, dass ich verdeckte Wut-Anteile hatte, an die ich nicht mehr so gut (wie früher in meinem Leben) herankam. Es war ein Anteil, der in sehr alten und finsteren Kriegszeiten entstanden sein muss, also vor Tausend von Jahren. Engagiert wurde er von mir, um mich in Beziehungen zu schützen und den besonders weichen Yin-Beziehungsanteil zu verbergen. Der Grund: Zeigt man diesen Yin-Beziehungsanteil, geht es einem sofort an den Kragen. So war das damals wohl auch. Einmal "Schwäche" zeigen, und sofort wurde man bestenfalls ausgenutzt, schlimmstenfalls ermordet. Der Barbar hatte eine unglaubliche Wut-Ballung: Rotes Gesicht, Adrenalin-Schübe ohne Ende, Hände zu Fäusten geballt. Er würde nie weinen und jeden, der es tut oder nicht so hart und klar ist wie er, als Waschlappen ansehen. Darunter: Misstrauen, also Angst. Nun passte er nicht mehr zu mir, in mein Leben und in heutige Zeiten und das schon seit geraumer Zeit. Mein Leben verlief seit langer Zeit in friedlichen Bahnen. Gefahren? Keine oder keine ernsthaften. Vertrauensunwürdige Menschen? Lange nicht mehr gesehen oder sofort erkannt und verbannt. Andere Vorkommnisse? Keine! Verbindung zum Kern? Ja. Zumal mein innerer Kern von seiner Grundenergie her sehr friedvoll und ausgeglichen ist. Ich bin Sternzeichen Waage und Ausgleich, Balance und Harmonie sind mir unglaublich wichtig. Ich habe ein Grundgespür dafür, ob alles in Einklang ist oder irgendwo eine (verdeckte) Spannung herrscht und reagiere sehr sensibel darauf. Gegenteiliger konnte der Anteil meinem Kern gegenüber nicht sein und trotzdem konnte ich mich von ihm nicht trennen. Stattdessen habe ich seine Energie unterdrückt, mich für sie geschämt oder sie verdrängt. Natürlich drückte sie sich trotzdem aus, manchmal direkt, manchmal auf der Haut oder noch anders. Nun wurde es also Zeit, mit dem Barbaren, der nichts anderes als ein Schutzanteil war, den ich vor langer langer Zeit engagiert habe, neu zu verhandeln oder den Vertrag ganz aufzulösen. Übrigens stellte es sich heraus, dass in diesem Vertrag eine Entwicklung festgeschrieben war. Der hat er sich aber verweigert und ich habe ihn davor geschont. Also konfrontierte ich ihn: "Entweder du lässt dich einer Transformation unterziehen oder du gehst." Erstere war ihm nicht möglich, zu groß wohl die Diskrepanz zwischen meinem aktuellen Ist-Zustand und seiner Welt. Als ihn die Skelettfrau zu Transformationszwecken berührte, wovor er sich sehr ängstigte, denn er wollte sich von nichts und niemandem berühren lassen, wohl ahnend, dass es sein Ende sein wird, dass er zerfließen wird, wich die Kraft aus ihm und er starb.

Der Sinn?

Worin besteht der Sinn dieser Schonung? Ich vermute, dass es hauptsächlich nostalgische Gründe sind. Der Anteil war ja schon sooo lange bei uns, vielleicht Tausende von Jahren. Den lässt man doch nicht einfach sterben. Es kann sich dabei um einen Schutzanteil handeln oder bestimmte Ängste oder einen bestimmten Schuldberg. Das ist wirklich individuell. Ausschlaggebend ist unsere besondere Bindung zu diesem Anteil, die so persönlichkeitskonstituierend ist. Dieses Widersprüchliche und Spannungsreiche ist außerdem ein Teil unserer Art, die Welt zu erfahren. Wenn man die Gegensätze nicht kennt, kennt man das Leben nicht.

 

Fragen zum Nachforschen und Ergründen

  • Lass dir vor deinem inneren Auge anzeigen, ob du so einen Anteil hast, den du zuverlässig der Transformation entziehst. Ja oder Nein?
  • Welchen Schutzanteil / welche Schutzanteile schleppe ich weiterhin mit mir mit, obwohl sie schon längst fällig sind? (Tipp: Es kann gerne der Anteil sein, der auch dem eigenen Enneagramm-Typ entspricht. Oder etwas, worauf uns andere verstärkt hinweisen.)
  • Wie viel inneren Frieden habe ich bereits erlangt? Welche Spannungen sind noch in mir? Wie äußern sie sich? Psychisch, körperlich, beziehungstechnisch? In welchen Situationen? Mit welchen Menschen?

 

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